Köhlmeier, Michael – Bruder und Schwester Lenobel

Michael Köhlmeier - Bruder und Schwester LenobelMichael Köhlmeier, der Anfang Mai anlässlich des Holocaust-Gedenkens in Wien eine Aufsehen erregende Rede hielt (sieh unten), ist einer der profiliertesten Schriftsteller Österreichs. In seinem neuen Roman „Bruder und Schwester Lenobel“ verbindet er erzählerische Raffinesse mit der Kunst zu Fabulieren und lädt dazu ein, ein von den Folgen des Holocaust geprägtes Familiensystem zu erforschen, um sich letztlich der Frage nach Gott und dem Kern der Existenz zu nähern.

Die Mail, in der ihre Schwägerin Hanna schreibt, dass ihr Bruder verrückt wird, ruft Jetti sofort von Dublin nach Wien. Dort angekommen erfährt sie, dass Robert mittlerweile verschwunden ist. Ratlos versucht sie, mit der streitlustigen Hanna zu ergründen, was der Grund sein könnte, warum der zynische Psychiater einfach so gegangen ist – ohne ein Wort zu hinterlassen. Dann kommt die Nachricht des Bruders, dass er sich in Israel befindet, dem Land der Väter. Dies ist der Ausgangspunkt für eine fesselnde Geschichte, die die Vergangenheit der jüdischen Eltern im Nationalsozialismus, die Auswirkungen auf das Leben der beiden Geschwister und deren Suche nach Glück beleuchtet. »Ein komplexer Roman um Sinnsuche, Verdrängung und Einsamkeit.« (Woman)

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Porträt:

Michael Johannes Maria Köhlmeier wurde am 15. Oktober 1949 in Hard, Vorarlberg, geboren. Er studierte zunächst erfolgreich Politikwissenschaft und Germanistik in Marburg an der Lahn, später dann Mathematik und Philosophie in Gießen. Er lebt als freier Schriftsteller in Hohenems und Wien, ist verheiratet und hat vier Kinder.

Anfang der 1970er-Jahre wurde Köhlmeier mit Hörspielen im österreichischen Rundfunk bekannt. 1972 gründete er gemeinsam mit dem Musiker Reinhold Bilgerie das Austropop-Duo „Bilgerie & Köhlmeier“, das mit dem Hit Oho-Vorarlberg bekannt wurde. Seit 2004 schreibt er Vorarlberger Mundarttexte für die Gruppe Schellinski.

Seit Anfang 1980 hat Köhlmeier eine Vielzahl an Romanen, feuilletonistische Beiträge, Hör- und Drehbücher und Prosatexte verfasst. Sehr bekannt sind seine freien Nacherzählungen antiker Sagen, biblischer Geschichten und klassischer Märchen. Viele seiner Romane und Erzählungen wurden auch als Hörspiele veröffentlicht und unter anderem ins Englische, Französische, Koreanische Rumänische und Türkische übersetzt. Für seine Werke wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.

Aufsehen erregte der österreichische Schriftsteller, der schon immer zu politischen Themen Stellung bezogen hat, mit seiner Rede Anfang Mai anlässlich des Holocaustgedenktags in der Wiener Hofburg, als er offen gegen die rechtspopulistischen und antisemitischen Tendenzen der in der Regierungsverantwortung stehenden FPÖ Stellung bezog.

Engagement gegen Rechtspopulismus

Gerade einmal sechseinhalb Minuten dauerte die Rede Michael Köhlmeiers, die für Furore sorgte.  Der Schriftsteller warnt eindringlich davor, dass die Gesellschaft gegenüber der zunehmenden Fremdenfeindlichkeit mehr und mehr abstumpfen würde.  Man müsse die Dinge beim Namen nenne, erklärte Köhlmeier in der Wiener Hofburg anlässlich des offiziellen Gedenkakts des österreichischen Parlaments für die Opfer des Nationalsozialismus, um danach unmissverständlich deutlich zu machen, dass es für ihn unerträglich sei, wenn Mitglieder einer Partei regelmäßig in der Öffentlichkeit oder den sozialen Medien „naziverharmlosende oder antisemitische oder rassistische Meldungen abgeben“ würden. Damit positionierte sich Köhlmeier deutlich gegenüber der rechtspopulistischen österreichischen Regierungspartei FPÖ.

Er mahnte, dass durch die Vielzahl solcher Einzelfälle sich im gesellschaftlichen Bewusstsein eine gewisse Landläufigkeit einstellen würde. Der Einzelne würde abstumpfen und es sei gespenstisch, wenn die Einzelfälle nicht mehr alarmieren, sondern als Normal abgetan würden, weil sie nicht mehr neu seien.

Es gebe in Österreich keine Notwendigkeit, feige die Zähne zusammenzubeißen, dafür bestünde keine Veranlassung. Niemand könne in diesem Land einem etwas tun, wenn man die Wahrheit sagen würde. „Zum großen Bösen kamen die Menschen nie mit einem Schritt. Nie. Sondern mit vielen kleinen. Von denen jeder zu klein schien für eine große Empörung. Erst wird gesagt, dann wird getan“, stellte der Schriftsteller fest, um dann zu fragen, ob man es widerspruchslos hinnehmen müsse, wenn der österreichische Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) davon sprechen würde „das Menschen konzentriert gehalten werden sollen“?

Er glaube den Aufrufen der FPÖ nicht, man müsse die Juden vor dem Antisemitismus mancher Muslime schützen. Hier werde Anti-Islamismus mit Philosemitismus gerechtfertigt. Viel mehr ginge es darum Sündenböcke zu finden, die Österreich nicht brauche. Und es bestürze ihn, dass man in einer Gazette schreiben könne, die „befreiten Häftlinge aus Mauthausen seien eine Landplage gewesen“. Ein Autor der rechten, der FPÖ nahestehenden  Monatszeitschrift „Aula“ hatte die Häftlinge  als „Landplage“ und „Massenmörder“ bezeichnet. Er glaube den Aufrufen der FPÖ nicht. Wer das glaube sei entweder ein Idiot oder er tue so als ob. Dann sei er ein Zyniker „Und beides möchte ich nicht sein“, konstatierte Köhlmeier.

Die vollständige Rede ist u.a. in YouTube zu sehen: